Leo Tendler


Ehrenbürger Leo Tendler- Unvergessener Freund und Förderer des Weinbaus am Siebengebirge 

Quelle: Karl Röder aus dem Festbuch "Oberdollendorf und Römlinghoven" anlässlich des 25jährigen Bestehens des Heimatvereins Oberdollendorf und Römlinghoven, 1986

"Es ehrt die Herausgeber dieser Festschrift, daß sie die Erinnerung an einen Menschen festhalten, dem der Siebengebirgsweinbau viel zu verdanken hat und der denen, die ihn erlebt haben, immer in leuchtender Erinnerung bleiben wird. Leo Tendler, Ehrenbürger der Stadt Königswinter, starb am 5. Mai 1975 im Alter von 93 Jahren. Er gehört ohne Zweifel in die Reihe derjenigen, die sich in diesem Jahrhundert durch außergewöhnliches und selbstloses Engagement für den Siebengebirgsweinbau eingesetzt haben.

Wer in der wechselvollen Geschichte des Siebengebirgsweinbaus zurückblättert, stößt um nur einige Namen zu nennen um die Jahrhundertwende auf die zu jener Zeit unseren Winzern geläufigen Namen Dr. Dahm und Otto Rings. Es waren Männer, die damals (bei einer Rebfläche von 150 Hektar) am Siebengebirge einen eigenen regionalen Weinbauverband ins Leben riefen, um auf diese Weise stärkeren Einfluß auf ein dringend notwendiges besseres deutsches Weingesetz zu gewinnen, das 1909 herauskam. In Zusammenarbeit mit anderen regionalen Weinbauverbänden wollte man aber auch Möglichkeiten suchen, immer bedrohlicher werdende neue Rebfeinde erfolgreich zu bekämpfen.

Nach dem Ersten Weltkrieg verdienen als Förderer des Weinbaus am Siebengebirge vor allem Dr. Berns und Engelbert Kickel genannt zu werden, die sich tatkräftig für den Wiederaufbau der während des Krieges vernachlässigten Weinberge einsetzten. Es ging damals vor allem darum, die notwendigen Rodungen des Reblandes in Gang zu bringen und die immer wichtiger werdenden Maßnahmen des Rebschutzes zu verbessern. Eine erwähnenswerte Tat dieser Jahre war, daß 1930 bis 1932 aus Mitteln des „Westfonds" in Ober und Niederdollendorf vorbildliche Weinbergwege entstanden; sie schufen die wichtige Voraussetzung für Arbeitseinsparungen und Erleichterungen der Arbeiten im Steilhang, nicht zuletzt auch des Rebschutzes. 

Nach dem Zweiten Weltkrieg verdienen vor allem die Namen Nücker (bis zu seiner Entlassung 1933 Bürgermeister in Oberkassel), Dr. Liedgens (Königswinter) und Landrat Clarenz (Siegburg)sowie nicht zuletzt Leo Tendler festgehalten zu werden. Diesen Persönlichkeiten wie auch der Hilfe der Landwirtschaftskammer Rheinland, ihres Pflanzenschutzamtes, der Landesregierung und der Kreisverwaltung hat der Siebengebirgsweinberg viel zu verdanken. 

Leo Tendler, von 1929 bis 1936 Gemeindevorsteher und von 1945 bis 1961 Bürgermeister der ehemaligen Gemeinde Oberdollendorf, war nur im Nebenberuf Winzer. Er besaß in der damaligen Gemarkung Niederdollendorf eine kleinere Rebfläche, die aber dank des vortrefflichen Einsatzes aller Familienmitglieder immer tadellos gepflegt war. Wie eng der Bürgermeister mit dem Weinbau verbunden war, zeigt, daß er 1929 den Winzerverein Siebengebirge gründete und hierdurch bemüht war, auch die Weine der kleineren Winzer mit allen Vorzügen der Siebengebirgsweine auf den Markt zu bringen. Aus langer Erfahrung und von vielen Weinvergleichen wußte er, daß die Gesteinsverwitterungsböden und die Klimaverhältnisse der unmittelbar am Rhein gelegenen Hänge des Siebengebirges hervorragend für die Erzeugung guter Weinqualitäten und spezialitäten geeignet sind. Allerdings war ihm bewußt, daß die Qualität der Weine zu wenig bekannt war und daß zu wenig geschah, sie bekannt zu machen. Zusammen mit den Winzern setzte sich Leo Tendler dafür ein, den zahlreichen Besuchern dieser attraktiven Rheinlandschaft keine von irgendwoher bezogenen Allerweltsweine anzubieten, sondern mehr und mehr die reizvollen fruchtigen und herzhaften Spezialitäten der Siebengebirgsweine. Ende November 1952 erschien in der „Honnefer Volkszeitung" ein Aufruf mehrerer Weinerzeuger, insbesondere aus Rhöndorf und Bad Honnef (Heinen, Kickel, Redeligx, Kurth), in dem auf die besonderen und viel zu wenig bekannten Vorzüge der heimatlichen Weine hingewiesen und den Gastronomen nahegelegt wurde, den Gästen endlich als regionale Spezialität mehr als bislang Siebengebirgsweine anzubieten. Leo Tendler unterschrieb diesen Aufruf für den regionalen Weinbauverband mit. Die Landwirtschaftskammer Rheinland unterstützte das Streben der Winzer nach hoher und zuverlässiger Weinqualität ab den 50er Jahren durch die Einrichtung einer jährlich stattfindenden Weinprämierung. Eine von der Kammer berufene neutrale und unabhängige Sachverständigenkommission prüft hier, wie auch in anderen Anbaugebieten, die von den Winzern vorgestellten Weine verdeckt, ohne daß also der Erzeuger bekannt ist nach einem Punkteschema und zeichnet gebietstypische (also reintönige, fruchtige, herzhafte und nachhaltige) Weine mit einer grünen, silbernen oder goldenen Prämie aus. Über viele Jahre gehörte der Prüfungskommission der Landwirtschaftskammer auch Leo Tendler an, dessen kritisches und sachkundiges Urteil sehr geschätzt war. Lange Zeit wirkte hier übrigens als Vertreter des Weinhandels der Kölner Weinhändler Albert Allinger mit, der von den Siebengebirgsweinen eine hohe Meinung hatte.Um bei Neuanpflanzungen von Reben die Winzer mit wertvollem Pflanzgut versorgen zu können, regte Leo Tendier an, eine Rebschule mit„ Rebmuttergarten" zu erstellen. Nach der Verwirklichung dieses Vorhabens konnte den Winzern zuverlässig gutes Pflanzenmaterial der für die vorliegenden Klima und Bodenverhältnisse am besten geeigneten Rebsorten geliefert werden; es ging hier vor allem um den Riesling. 

Aus diesen wenigen Beispielen mag ersichtlich sein, was der Weinbau und die Winzer des Siebengebirges Leo Tendier zu verdanken haben. In den Jahren 1948 bis 1958 hatte ich den Vorzug, mit ihm zusammenzuarbeiten. Ich war von den menschlichen und fachlichen Eigenschaften dieses herausragenden Mannes stets tief beeindruckt.Daß er sowohl von den hauptberuflichen wie auch von den zahlreichen „kleinen" Winzern gleichermaßen anerkannt und verehrt wurde, ist wohl in erster Linie seinem selbstlosen Einsatz für die Belange aller Winzer, seiner Wahrhaftigkeit und seinem ausgeprägten Gerechtigkeitssinn zuzuschreiben. Vieles, was im Siebengebirgsweinbau heute besteht, geht auf Leo Tendier zurück. Man sollte ihn nicht vergessen."



Der Drachenfels im Herbst
Foto: Dankward Heinrich